Europa

Während die Portugiesen am 25. April die Befreiung von der Diktatur feiern, gedenkt Italien der Befreiung vom Faschismus und der Naziherrschaft. Historische Ereignisse, die jedoch zunehmend in Vergessenheit zu geraten scheinen. Ich wuchs in dem Gefühl auf, dass das Schreckliche der Vergangenheit angehört. Mein Großvater, meine Mutter, mein Vater – sie alle mussten unsägliches Leid erfahren und ertragen. Doch ich habe mich in der Lernfähigkeit und dem Lernwillen einer immer größer werdenden Zahl von Menschen getäuscht.

Sie sind wieder da: die Parolenschreier, die Revisionisten, die Hasserfüllten und die Leugner der Geschichte. Geschichtsvergessen sprechen sie von „Schande“, wenn an den Holocaust erinnert wird.

„Nie wieder“, „mai più“, „never again“ – diese zwei Worte hallen seit Langem in meinem Kopf. Was von diesem Echo übrig bleibt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

9. Mai – Europatag der Europäischen Union.

Auf der Grundlage einer Idee von Jean Monnet schlug Frankreichs Außenminister Robert Schuman am 9. Mai 1950 in seiner berühmten Pariser Rede vor, eine Produktionsgemeinschaft für Kohle und Stahl zu schaffen – der Ausgangspunkt für ein großes Friedensprojekt.

Die EU stand und steht für diesen Gedanken. Ich setze weiterhin auf die Vernunft der Menschen: Darauf, dass sie sich nicht nur an den Vorteilen dieses Projekts erfreuen, sondern auch darüber nachdenken, wie es entstanden ist und welche Werte ihm zugrunde liegen.

Hansjörg Rogger