Die Schlächter von Moskau und Tel Aviv

Es gehört zu den bitteren Ironien der Geschichte, dass die Menschheit trotz all ihrer Katastrophen nie müde wird, sie zu wiederholen. Zwei Männer prägen in diesen Tagen das Weltgeschehen – und beide stehen für eine Politik, die nicht auf Recht und Freiheit zielt, sondern auf Gewalt und Unterdrückung.

Dass sich im Westen dennoch Stimmen finden, die ihnen – sei es aus Naivität, sei es aus Kalkül – den roten Teppich ausrollen, macht die Sache umso schwerer erträglich. Ebenso unerträglich ist es zu sehen wie Kinder, Frauen und Männer niedergebombt werden und der Vorschlag für den Friedensnobelpreis über den Tisch gereicht wird. Der Zynismus der Macht siegt über die Lehren der Vergangenheit. Man setzt ein politisches Signal, demonstriert Macht und will das Bild im öffentlichen Diskurs für sich umdeuten und vereinnahmen. Ein geopolitisches mörderisches Spiel, das infamer nicht sein kann. Ein Palästinenser aus Gaza Stadt berichtet in der SZ vom 22.8.25: „Ich bin müde, ich weiß nicht mehr weiter, wir haben nur noch Angst, daraus besteht unser Leben.“

Ich erinnere mich an die Erzählungen meiner Familie: Mein Großvater trug die Schatten des Ersten Krieges, mein Vater die Kälte Finnlands. Aus dieser Last erwuchs in mir die Hoffnung, dass die Welt sich eines Tages gegen die Tyrannei wappnen würde – dass meine Generation, und die danach, in einem anderen Rhythmus leben könnte – im Takt von Freiheit und Recht und tatsächlichem Frieden.

Doch diese Hoffnung ist zerplatzt. Mit der Annexion der Krim, dem Krieg in der Ukraine und den Bombennächten über Gaza verschwand sie wie eine Seifenblase – einfach nicht mehr da. Die Illusionen der 1960er Jahre, als man an Fortschritt, Dialog und eine friedlichere Welt glaubte, wirken heute wie Relikte aus einem Traum.

Es gab ein kurzes Leuchten. Mit Gorbatschows Glasnost und Perestroika blitzte die Idee einer anderen Politik auf – offener, menschlicher, fast wie das Aufstoßen von Fenstern, durch die die frische Luft hereinwehen konnte. Doch heute sind diese Fenster wieder geschlossen. Die Hoffnung liegt begraben, beinahe vergessen – zusammen mit Gorbatschow selbst. Sein Grab verhöhnt, dem Vergessen und Verdrängen preisgegeben.

Am Ende bleibt nur, sich an Worte zu klammern, die älter sind als unsere Gegenwart – und doch hell in sie hineinleuchten. Thomas Jefferson bekannte einst, im Blick auf die Sklaverei: „Ich zittere für mein Land, wenn ich bedenke, dass Gott gerecht ist; dass seine Gerechtigkeit nicht ewig schlafen kann.“ Und Berthold Brecht erinnerte nüchtern: „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Wer sie weiß und eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“ Und Willy Brandt weist darauf hin, dass sich letztendlich der, der Völkerrechte bricht und Kriegsverbrechen begeht die eigene Existenzgrundlage gefährdet. „Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen.“ (Matthäus 26,52) Im Englischen heißt es: „Cutting the branch you are sitting on.”

Hansjörg Rogger