„Die Bereicherung der Persönlichkeit sei das eigentliche Kapital, mit dem SchülerInnen später in allen Berufen wuchern können.“ Dies schreibt Rainer Werner, Autor des Buches „Auf den Lehrer kommt es an“ in einem Essay, veröffentlicht in der Tageszeitung „Die Welt“ vom 17.2.2018. Und er zitiert den romantischen Dichter Jean Paul: „Was für die Zeit erzogen wird, das wird schlechter als die Zeit.“ Soll wohl heißen, so Rainer Werner, dass gute Bildung immer einen geistigen Überschuss, eine kleine utopische Verheißung enthalten muss.
Dabei kommt es immer auf den an, der diesen geistigen Überschuss ermöglichen soll, auf den Menschen im Lehrer. Die Werkzeuge derer er sich bedienen kann, um den geistigen Überschuss in den Köpfen der jungen Menschen zu bewirken, ändern sich. Es sind und bleiben aber Werkzeuge. Auf sie kommt es erst in zweiter Linie an.
Die Digitalisierung, das neueste Werkzeug, hat mit Bildung an sich nichts zu tun, mit dem geistigen Überschuss auch nichts. Der Zusammenhang könnte lediglich darin bestehen, dass durch die Digitalisierung die Inhalte, die die Bildung ausmachen, in die Breite gestreut werden. Der Zugang zu Bildungsinhalten ist demokratischer geworden, unbestritten gerechter. Damit aber nicht nur an der Oberfläche herumgetümpelt wird, damit nicht nur oberflächliche Sensationsgier befriedigt wird, damit die Chance eines interessanten Werkzeugs am Schopf gepackt wird, können Schulen abseits von SMS, WhatsApp, Instagram und Twitter die Technologie für ihre Zwecke nutzen.
Ein Beispiel kann dies veranschaulichen. Wenn Verschwörungstheorien und falsche Nachrichten entlarvt werden sollen, wenn uns passives Streaming und Konsumieren zu wenig ist, dann muss das Ruder selbst in die Hand genommen werden. Der Blog ist eine Möglichkeit, sagt Martin Spiewak, in der Zeit, Nr. 10/2018.
Seit 2016 pflegt das Sowimusikkunst-Gymnasium Bruneck Schreibblogs, in denen es um die Selbstinitiatve geht, um die Auseinandersetzung mit Sprache und darum, dass man für das, was veröffentlicht wird, die Verantwortung zu tragen hat. Dass die Betreuung solcher Blogs viele Möglichkeiten generiert, liegt auf der Hand: Erfahrungen mit der Netzetikette, Gegenpositionen zur „Schwarmdummheit“ (Martin Spiewak in: „Die Zeit“ 10/2018), die Übung in der Sprache und mit der Sprache, und nicht zuletzt die Übung in der Interaktion, abseits von Einwortsätzen und Emojis, abseits von zusammengekleistertem „Momentanwissen in Erregungszuständen“ (Spiewak, „Die Zeit“ 10/2018).
Johann Georg (Hansjörg) Rogger/ 2018