Autor: Hansjörg (Johann Georg) Rogger

  • König der Löwen und Matilda

    Die Schule hat die Aufgabe, ihre Schüler nicht nur mit Fachwissen wie Mathematik oder Latein zu versorgen, sondern sie auf das Leben vorzubereiten. Und Leben bedeutet weit mehr: aufeinander zugehen, Konflikte aushalten, Probleme lösen, Beziehungen pflegen, miteinander kommunizieren, Kompromisse aushandeln und lernen, nicht immer im Vordergrund stehen zu müssen.

    Wenn sich eine Schule dazu entschließt, junge Menschen auf die Bühne zu bringen, dann darf das nicht nur Selbstzweck sein. Es muss immer im Kontext der Lebensbildung geschehen – als Mittel, um eine ganzheitliche persönliche Entwicklung zu fördern.

    In diesem Schuljahr standen zwei großartige Stücke auf dem Programm: Matilda und Der König der Löwen. Zwei Geschichten, die nicht nur inhaltlich, sondern auch künstlerisch und pädagogisch wertvoll sind. In Matilda geht es um ein Mädchen, das sich mutig aus Unterdrückung und Demütigung befreit. Der König der Löwen wiederum erzählt, wie das Gute am Ende über das Böse siegt – ein klassisches Märchenmotiv.

    Die Inszenierungen stellten die SchülerInnen vor große Herausforderungen, sei es in der Darstellung der Charaktere, in der Bewegung, im Gesang oder in der Sprache. Doch sie boten auch eine Plattform, sich mit wesentlichen Aspekten des Lebens auseinanderzusetzen: Ängste überwinden, Scham und Neid begegnen, Überforderung und Frust aushalten, aber auch die Freude an der eigenen Leistung und das Gefühl der Genugtuung erleben. Diese Prozesse laufen zwar nebenbei ab, sind aber entscheidend für die Qualität und den Erfolg solcher Produktionen.

    Natürlich bedarf es dafür auch der Unterstützung durch erfahrene musikalische, theatralische und künstlerische Projektleiter. Besonders beeindruckend war in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit der hausinternen Kunstschule. Ein Beispiel dafür sind die kunstvoll gestalteten Masken für Der König der Löwen, die in einer Koproduktion entstanden sind – ein herausragendes Ergebnis, das die Bedeutung von Teamarbeit einmal mehr unterstreicht.

    Hansjörg Rogger
    Ex Schulführungskraft
    Publizist
    Der Beitrag wurde am 30.3.2015 publiziert

  • Was hat der Maurermeister mit dem Lehrmeister zu tun?

    Wenn der Maurermeister den Betonmörtel in der falschen Zusammensetzung anmischt, wird seine Mauer dem Regen, dem Schnee, der Hitze und dem Frost nicht standhalten. Ebenso verhält es sich mit dem Lehrmeister: Wenn er seine Unterrichtsstunde nicht so gestaltet, dass sie sowohl die Köpfe als auch die Herzen der Lernenden erreicht, wird wenig davon in der Zukunft übrig bleiben. Genauso wie die Mauer wird des Lehrmeisters Konstruktion wie Sand zerbröseln. Sie wird ganz einfach nicht halten. 

    Hansjörg Rogger
    Ex Schulführungskraft
    Publizist
    Der Beitrag wurde am 7.11.2014 veröffentlicht

  • An die Nachgeborenen (frei nach Berthold Brecht)

    (Eine Rede an Oberschüler*innen am 12.9.2014)

    In den Sommermonaten, während ihr eure Ferien genossen habt, ist viel Schreckliches in der Welt geschehen.

    Die blutige Geschichte der vergangenen Jahrzehnte hätte uns vieles lehren können – und doch kehrt sie immer wieder blutig zurück:

    298 Menschen wurden über der Ukraine in Stücke gerissen – tot, nichts als tot.

    Großmachtsüchtige Russen zerstören Träume auf der Krim und in der Ostukraine.

    In Gaza sterben erneut Kinder und Mütter. Ganze Familien verschwinden innerhalb weniger Sekunden.

    Kurz nachdem ein Brunnen für Sierra Leone und 50.000 Euro dorthin gebracht wurden, rafft Ebola tausende Träume dahin.

    Extremistische Todesschwadrone mit ihren schwarzen Fahnen lassen ihren Frust auf grausamste Weise an anderen aus.

    Uns hier, mitten in Europa, geht es gut. Wir beobachten aus sicherer Distanz und klagen, was das Zeug hält. Dabei müssten wir erkennen, dass wir – jetzt, nach den beiden großen Kriegen – viel Gutes erfahren haben.

    Nutzen wir dieses Privileg! Schöpfen wir unser Wissen und unseren Drang nach Erkenntnis aus der Fülle. Denn: Wenn wir mehr wissen, verstehen wir besser. Wenn wir besser verstehen, können wir klarer erkennen. Und wenn wir klarer erkennen, lernen wir, uns besser zu vertragen.

    In diesem Sinne: Lernt, miteinander umzugehen. Lernt, einander zuzuhören. Lernt, ohne Intrigen auszukommen und nicht immer recht haben zu müssen. Und wenn nötig, macht es besser als die, die euch vorausgegangen sind.

    Hansjörg Rogger
    Schulführungskraft
    Publizist
    Der Beitrag wurde am 12.9.2014 veröffentlicht

  • Breitengrad 55 n. – Längengrad 37 o.

    Ich stelle mir vor, du und ich wären in der Maschine gewesen, die über der Ukraine abgeschossen wurde. Tod, weg, nicht mehr da, von 10.000 Metern hinuntergerast und zerstückelt am Boden angekommen. 298 Menschen, 80 Kinder, wurden ermordet, von Lügnern, von arroganten Kriegstreibern.

    Gott gibt es keinen, denn sonst hätte er dies zu verhindern gewusst, wie er es Millionenmale vorher, bei den Hexen, den Juden, den Kindesmissbräuchen usw. usw. hätte tun können.

    Jede Strafe, die diese Mörder vielleicht treffen wird, ist zu wenig. Jede! Was mir bleibt, ist der ohnmächtige Zorn und der Gedanke an die, die die 298 verloren haben. Ich weine, bebe und verfluche die 55 Grad 45 Minuten 56 Sekunden nördliche Breite und die 37 Grad 37 Minuten 16 Sekunden östliche Länge. Ich verfluche euch Mörder, hinterfotzig, verlogen, die ihr seid und lüstere nach Rache, diesseits. Das Jenseits gibt es nicht.

    Hansjörg Rogger
    Schulführungskraft zur Zeit dieses Beitrags
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    Der Beitrag wurde am 19.7.2014 veröffentlicht

    Zusatz nach 10 Jahren Tragödie am ukrainischen Himmel

    Und die verbrecherischen Mörder im Kreml können ihr Treiben ungehindert fortsetzen. Hinter ihren Anzügen und Krawatten verbirgt sich der Gestank moralischer Verkommenheit. Die Vereinten Nationen sind zu einer Farce erstarrt. Die Weltgemeinschaft hat versagt.

  • Eine Lanze für die Schule / 2012

    Es geht um Schule und Lehrer – ein Beruf wie jeder andere, und doch etwas ganz anderes. Gemeinsam ist allen oder soll allen die Berufung sein, damit sich jeder seinen Weg so gestalten kann, wie er meint, dass er gut für ihn ist;  und er wird sich, wenn er es ehrlich mit sich und der Berufung meint, eine Haltung zulegen, die nicht nur wertvoll für ihn selber sondern auch für die anderen ist.

    Frei nach Berthold Brecht muss man sich die Frage stellen dürfen, wer wohl die Schule und den Erfolg,  den sie zweifelsohne hat,  aufgebaut hat; es sind die Lehrer und all jene, die die Schule durch ihre Arbeit mitgestalten helfen, jeder in seinem Bereich bedeutsam. Südtirol hatte bei den PISA-Ergebnissen die Nase nicht hinten sondern vorne, das ist doch was! 

    Wirft man den Blick  nur auf die 20 Stunden, die der Lehrer vor Ort zu erfüllen hat und denkt dabei nicht daran, dass er seine Arbeit nach den 20 Stunden bei sich zu Hause und/oder in der Schule fortführen muss, dann ist dies sehr kurzsichtig. Der Weitblick wird dadurch oft verbaut, so dass alles, was nicht gesehen werden will, ausgeblendet wird und deshalb nicht gesehen werden kann.

    Hätten die Lehrer die 38 Stunden in der Klasse zu verbringen, wo blieben dann die Vorbereitungen, das Nachbereiten, die Korrekturen, das Vernetzen mit anderen Fächern, die Absprachen in den Kollegien, das Auskundschaften von Methoden, das differenzierte didaktische Vorgehen, die Lehrausgänge, und die vielen Aktionen im Laufe eines Schuljahres? Dies alles gibt es  –  die Webseiten der Schulen belegen dies. Man bräuchte nur den engen Blickwinkel mit dem weiten zu tauschen, und schon tut sich eine Welt auf, die sich nicht mehr reduzieren lässt auf den Lehrer mit seinen 20 Stunden oder den Lehrer und seinen 50-Minuten-Einheiten.

    D.h. nicht, dass der Schule nicht auch regelmäßig der Spiegel vorzuhalten ist. Und wenn man dies tut, dann gibt es nicht nur eitel Sonnenschein. Wir sehen Dinge, die nicht gut funktionieren und die verändert gehören; wir sehen, dass es auch Lehrer gibt, die es nicht schaffen, ihre Inhalte so herabzubrechen bzw. so aufzubereiten, dass es für die  jungen Leute eine Freude ist, sich diese anzueignen;  wir sehen Lehrer, die sich statt  der Berufung zu stellen, diese zu einem Job mit viel Freizeit verkommen lassen. Dies alles darf  aber nicht dazu führen,  die Schule und die Lehrer als Gesamtheit zu diskreditieren.

    Diejenigen Lehrer, die sich in 38 und mehr Stunden die Köpfe heiß denken, welche Möglichkeiten es gibt, wirksam und nachhaltig Inhalte in Kopf und Herz unserer jungen Leute zu transportieren, sind jene, die die Schule auf Erfolgskurs gebracht haben. Lehrerarbeit ist eine 38-Stunden-Arbeit mit allem was dazugehört, mit vielen autonomen Spielräumen und deshalb mit hoher ethischer Verantwortung sich und der Gesellschaft gegenüber.

    Hansjörg Rogger / November 2012

  • Was hat Thomas Edison mit dem Lehren zu tun?

    Thomas Edison, bekanntlich der Erfinder der Glühbirne, sagte, dass er auf dem Weg dahin niemals gescheitert sei. Er habe lediglich 10.000 Möglichkeiten ausprobiert, die nicht funktioniert hätten. Wenn wir Lehrer uns nicht zu schade sind, und warum sollten wir auch, dann tun wir gut daran, uns im Erfinden neuer Wege auszuprobieren. Lehrer zu sein ist ein Privileg, sich zu schade zu sein, neue anspruchsvolle Wege zu gehen, wäre unverzeihlich.  Am Ende einer Unterrichtsstunde zu sagen, heute habe ich 10 Seiten geschafft, ist didaktischer Nonsens; nur wenn der Lehrer die Birne tatsächlich zum Leuchten bringt, hatten seine 10 Seiten einen Sinne.

    Hansjörg Rogger
    Ex Schulführungskraft
    Publizist
    Der Beitrag wurde am 6.11.2011 veröffentlicht