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  • Malerei der Stille – eine Impression zur blauen Illusion im blauen Blatt und in der blauen Erde

    „Und plötzlich fällt ein Windstoß in den Wald, und es braust auf: ‚Bchuuuuuu!‘ Da hab ich gemerkt, dass sich alles verändert, dass nichts gleich bleibt.“ Sagt Bockelmann. „Ein Erlebnis – der Sonnenuntergang – damals, als Vater uns Kinder auf den Balkon rief. Wenn man das von früh auf als Bub und Mädchen nicht lernt, sieht und hört man das später nicht mehr, nie wieder.“ Sagt Manfred Bockelmann. Und weiter: „Wir müssen alles lernen, sogar die Liebe müssen wir lernen.“ 

    Bilder mit meditativem Charakter sind es: „……die ich als Therapie für mich selber gemalt habe…“ Das war die Zeit der großformatigen Ölbilder. „…..Man darf nicht für andere malen, man muss sich zuallererst selber überzeugen. Wenn das gelingt, stellt man fest, dass man damit auch andere überzeugt.“ (Bockelmann) In dem abstrakten gegenstandslosen Bild, so sagt es Bockelmann, kann nichts benannt werden. Da gibt es nichts, was wir aus unserer konkreten Welt kennen. Kein Baum, kein Berg, kein Haus. „Es ist eine weite leere Landschaft. Vielleicht der Horizont und seine grenzenlose Weite.“ Sagt Bockelmann. „Bitte hör nicht auf, diese Bilder zu malen, because we need it.“ sagte ihm ein New Yorker in einer Ausstellung 1981.

    „Ich habe meinem Vater das Versprechen geben müssen, nie in meinem Leben mit einem Gegenstand auf einen Menschen zu zielen – es könnte irgendwann ein Gewehr sein.“ Sagt Manfred Bockelmann. Das war einer jener Momente in seiner Biografie, die ihn aufmerksam gemacht haben – auf das Leben und auf die Sanftheit. Und nicht nur.

    Und ich – oben auf der Empore – beginne zu assoziieren: „Seht ihr den Mond dort stehen, er ist nur halb zu sehen, und ist doch rund und schön……“ Matthias Claudius. Und Hugo Zuckermann huschte auch noch schnell in meine Gedanken hinein: „..uns schreckt kein spielender Schatten, uns trübt kein nebelnder Rauch. Wir trinken von farbensatten Wiesen den kühlen Hauch…..“ 

    Bei Alard von Kittlitz fand ich folgende Beschreibung: „Es sind Bilder, in die wir als Betrachter hineinlegen können, was wir wollen.“ Landschaft, der blaue Blick in den Horizont hinein, das Meer. „Diese Bilder stellen das aber eben nicht dar, und insofern zeigen sie uns höchstens uns selbst und was in unseren Köpfen los ist und fragen vielleicht auch vorsichtig, ob wir es nicht einmal stumm mit ihnen versuchen wollen: ohne die ewigen Störgeräusche des in Sprache gegossenen Denkens.“ (Alard von Kittlitz im Zeitmagazin Nr.40) Lass im Betrachten deine Welt entstehen. Also stehe ich vor den Bildern, schiebe das Denken etwas zur Seite und erschaffe meine eigene Welt. Kurt Tucholsky mischt sich aber dann doch noch dazwischen mit seinem „Sündhaft blauen Tag. Die Luft ist klar und kalt und windig, weiß Gott: ein Vormittag, so find ich, wie man ihn oft erleben mag.“

    „Es ist die Erinnerung an das, was wichtig ist.“ Sagt Bockelmann. „Wir kommen alle aus der Landschaft und verschwinden wieder in ihr. Am Ende gibt es nur mehr Staub.“ Und das, was von uns übrig bleibt – was wir selber geschaffen haben. Der eine so, der andere anders. „Ich male.“ 

    „Die Blätter fallen, fallen wie von weit, als welkten in den Himmeln ferne Gärten…..“ Anfangsverse des Herbstgedichtes von Rilke. Anders als Rilke beschreibt sie Bockelmann nicht, er zeichnet und malt sie. In vielen Varianten. Keine Variante ist der anderen gleich. „Am Baum ist das Blatt zweidimensional, aber wenn es runterfällt, dann krümmt und rollt es sich ein. So wie die Hand eines alten Mannes.“

    „Es ist so, als erleideten sie den Herzschlag und sterben ab.“ Der Abschied von der Welt. Sie haben Ihre Schuldigkeit getan, verfärben sich, fallen, bäumen sich auf, krümmen und winden sich. Am Ende verfallen sie zu Staub. „Wir alle fallen. Diese Hand da fällt. Und sieh dir andre an: es ist in allen.“ Zwei Verszeilen Rilkes. 

    Das gefallene Blatt ist am Ende seiner Tage. Bockelmann malt es blau. „Die blaue Farbe ist eine mystische Farbe.“ Sagt Bockelmann. In der Natur ist sie vor allem dort zu sehen, wo Lichtbrechung ihr die blaue Illusion verleiht. In der Romantik suchte Eichendorff nach der blauen Blume: „…….Ich suche und finde sie nie, mir träumt, dass in der Blume mein gutes Glück mir blüh…….“

    „Mit der Farbe blau will ich einen Kontrast setzen und einen Hinweis geben, dass das Leben weitergeht. Und das blaue Blatt erweckt das Interesse, das es sonst so nicht geben würde.“ Am Ende wird das blaue Blatt auf eine Weltreise geschickt. Von der Werkstatt Bockelmanns in Kärnten 19mal in die Welt und dann wieder zurück: Kiew, Lemberg, New York, Bologna, Vatnajökull (Island), Herne in Nordrhein Westfalen, Namibia, Tunesien, Wien, Toblach, Latschach in Kärnten – und noch andere mehr. Ich bin gespannt, was sich Kinder in der Welt zum blauen Blatt haben einfallen lassen. Interessant weltoffen, was sich das Team des Kuratoriums Rudolf Stolz Museum ausgedacht hat. 

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger. Manfred Bockelmann: 24.6.23 und 3.9.23. Johann.rogger@me.com Korrekturgelesen: ChatGPT

  • Wenig aufbauende Pädagogik, damals in den 50er und 60er Jahren

    Und doch spüre ich immer wieder in die Zeit hinein, wo ich als Bub Lederhosen trug, wo ich Angst hatte um Menschen, die mir nahe standen, wo ich das rote Blechtretauto fahren konnte, wo ich auf die Mauer stieg, runterfiel und sich viele um mich mitleidsvoll kümmerten, wo ich gelitten hatte, und der Trost oft lange auf sich warten ließ. Wo ich eifersüchtig war, weil andere mehr Aufmerksamkeit hatten, wo ich nach Liebe buhlte und zu spüren bekam, dass andere besser waren, wo ich gelogen hatte, um der Strafe zu entgehen, wo ich auf der Ofenbank Schläge bekam, weil ich ungeschickt Honig verschüttet hatte und Milch als Notlüge gebrauchte. 

    Mein Mitleiden mit den anderen war nicht selten auch zorniges Mitleid, hasserfülltes Mitleiden. Im Kindergarten drückte ich mich meiner Spaziergehpatnerin fest in ihre Hand. Es muss ihr Schmerzen bereitet haben. Und mir auch. Ich mochte, dass sie mich spürt. Sie hat es nicht gezeigt, aber es muss grob gewesen sein. Und dann tat sie mir leid, weil sie hilflos wirkte. Ich hasste mich, weil ich mich an ihrer Hilflosigkeit und Verletzlichkeit gut fühlte – gleichzeitig war mir zum Kotzen schlecht. Ich kenn nicht mal mehr ihren Namen. 

    Schamlos habe ich meinen aufgestauten Frust bei anderen abgelassen. Und dann hasste ich mich dafür. Das Mitleid kam immer schnell und gewaltig. Einmal so, einmal anders. Ich wollte das Sanfte, erwartete mir viel, bekam es nicht, und dann kam der Zorn, die Wut, die Rache. Danach die Enttäuschung, die Scham. Auch das hat mir nie das gebracht, nach dem ich mich sehnte. Allein die Schuldgefühle pressten mir den Schweiß aus den Poren. 

    Erzählt habe ich niemandem davon. Schon gar nicht den Pfarrern, die gierig nach unseren Sünden lechzten. Ich habe hineingefressen was nun mal hineinzufressen ging. In der Schule war ich viel krank, Ich wollte oft krank sein. Es war dies das einzige Mal, wo ich Aufmerksamkeit bekam. Oft auch schimpfende Aufmerksamkeit. „Hast du wieder mal zu wenig aufgepasst!“ Jetzt war ich der „Hons“, der ich nicht sein wollte. Immer wenn man zornig mit mir war, war ich nicht mehr der „Hansjörg“. Ich tat so, als berührte mich das nicht, aber es tat weh.

    Lesen, schreiben und etwas rechnen hab ich gelernt. Parieren und immer tun, was die Damen und Herren Lehrer und die Pfarrer wollten – dafür war die Haselnussrute auf unseren Handrücken gut. Tat weh auf den ausgestreckten Fingern. Wenig aufbauende Pädagogik damals in den 60er Jahren.

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger. Johann.rogger@me.com

  • Was hat Diskriminierung mit Autokratie zu tun?

    Ich kann für mein Handeln alles Mögliche verantwortlich machen: meine schwierige Kindheit, meine Eltern, meine Lehrer*innen oder meine unerfüllten Kindheitswünsche. Doch all das ändert nichts daran, dass ich schuldig bin, sobald ich jemandem – in welcher Form auch immer – Schaden zufüge. Meine Erlebnisse mögen mein Verhalten relativieren und für mich selbst erklärbar machen, nicht jedoch für die Person, die mein Tun ertragen musste.

    Ob Diskriminierung, Herabwürdigung oder Bevormundung – all das sind Übergriffe, die niemals auf Augenhöhe stattfinden. Nur echte Augenhöhe hat das Potenzial, autokratischen Tendenzen – und damit Diskriminierung – etwas entgegenzusetzen. Diskriminierung befeuert Autokratie, und Autokratie ist wiederum der Nährboden für Ungerechtigkeit. Wenn wir nicht wachsam sind, schleichen sich diese Tendenzen in unsere gesellschaftlichen Strukturen ein und vergiften sie von innen heraus: Befehle und Anordnungen ersetzen Auseinandersetzung und Kompromissbereitschaft. Wie Metastasen zerstören sie unser Rechtsverständnis, unsere Debattenkultur, unsere Angstfreiheit und unsere Vielfalt.

    Unsere Gesellschaft läuft Gefahr, die Blase des Verstehen-Wollens auf Kosten der Opfer immer weiter aufzublähen. Täter*innen verstecken sich gern hinter autokratischen Machofassaden. Doch die #MeToo-Bewegung zeigt, dass es Hoffnung gibt: Diese Fassaden bröckeln. Die Blase, in der sich Machos – welchen Geschlechts auch immer – sicher fühlten, wird durchsichtig; an manchen Stellen kommt es zu heftigen Eruptionen. Genau diese braucht die Gesellschaft – von der Familie über die Schulen (vor allem die Schulen!) bis hinein in Kirche und Politik. Nur so haben demokratische Systeme, die derzeit immer stärker unter Druck geraten, eine echte Chance.

    Man bedenke: Weltweit gewähren nur rund 22 % der Staaten ihren Bürger*innen umfassende demokratische Rechte. Der große Rest lässt keine „Eruptionen“ zu – nichts von dem, was wir in Europa als demokratische Grundrechte schätzen. Dort wachsen die Blasen weiter, werden dichter, größer und undurchsichtiger. Augenhöhe existiert nicht mehr, Diversität schon gar nicht. Inklusion verkommt zum Fremdwort, allenfalls gut aufgehoben in Spracharchiven.

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger

    Publizist

  • ….und während ich in Gedanken versunken bin…….

    gehe ich den Weg hinauf. Kühl ist es. Auf halbem Weg eine Kurznachricht von CNN: „Russian opposition leader Alexey Navalny is facing an even longer stint in jail after being sentenced to 19 years in prison on extremism charges.“ Ich bleibe stehn, der Zorn drückt sich in meine Brust hinein. Wut vermischt sich mit Traurigkeit.

    „Wir haben keine andre Zeit als diese“, schrieb Mascha Kaléko. Ich habe keine andre Zeit als diese. Deshalb muss ich weitergehen – dorthin wo es mich hintreibt – trotz des Leids nicht weit von hier entfernt. Ich bin ein Kind der 50er Jahre, voller unhinterfragter Hoffnung. Und nun? „Wir kamen еinst mit Kindesgläubigkeit in ein vom Sturm verwüstetes Jahrhundert. Einst hofften wir und nun schweigt’s in uns verwundert……“ Mascha Kaléko. 

    Das Regime in Russland malträtiert alles, was ihm in die Quere kommt und frisst sich an der Ukraine satt. Gedanken hinauf zum Schloss. Hier darf man frei gehen, frei denken, frei fühlen. Nur ein paar tausend Kilometer entfernt, stirbt man dafür.

    Ich gehe über die Brücke. Alles ist fest, geordnet, schön, unaufdringlich und friedlich. Ich wische weg, was mich zernagt, zornig und nicht selten ungerecht macht. Ich bin gespannt auf das alte Gemäuer, auf „because we believe”, auf Frederic Chopins “nocturne”, auf Lucio Dalla, auf Ennio Morricones “you’re still you”. Vielleicht auch wieder “I think to myself what a wonderful world”. Zögerliche Freude, während man zur gleichen Zeit um das Leben von Maria Kolesnikowa bangt. In Belarus vom faschistischen Terrordespoten weggesperrt. In vielen Teilen unserer Welt in Syrien, Ukraine usw. usw. gibt es diese wunderbare Welt nicht mehr. Ist es gut, sich eine wunderbare Welt herzuwünschen? So wie sie jetzt unter meinen Füßen hält und immer wieder hält? Ja, sag ich mir! 

    Schloss Welsperg – gebaut von Männern, wie sie Bert Brecht in den Fragen eines lesenden Arbeiters beschrieben hat. Beauftragt von adelsmächtigen Geldgebern. Die Stube – uralter Boden, dicke Mauern, tausende Male betreten und berührt, und ich sitze da, lausche der Meditation von Jules Massenet und dann Errol Gardners “Misty. Die Narben im Boden, der Geruch, die schwere Tür mit den schweren Beschlägen und „you‘ll never walk alone „ von Rogers und Hammerstein, „Merci“ von Jürgens, „Den unmöglichen Traum träumen“ von Leigh und Darion. Die Geige, das Klavier – die Resonanz im dicken Gemäuer. Neues trifft auf Altes – ein Widerspruch? Nein!

    „At the end of a storm, There’s a golden sky, And the sweet silver song of a lark.“ Tausende hören diese Lerche nie mehr. Ich sitze auf den jahrhundertealten zerfurchten Holzdielen. Ich denke an den goldenen Horizont, die liebevoll gepflegten alten Stuben, die Seele, die dieses Schloss umgibt und an die Lieder von Halma. 

    „Sognamo un mondo senza più violenza
    Un mondo di giustizia e di speranza
    Ognuno dia la mano al suo vicino
    Simbolo di pace e di fraternità…” Trio Halma singt und spielt es in den Saal hinein – kraftvoll, engagiert, behutsam. Chopin, Bocelli, Lucio Dalla, Andersson – das Publikum reagiert kraftvoll zurück und spaziert emotional aufgeladen und friedvoll nach Hause – über die Brücke hinunter auf den Schlossweg. Die Kuratorin Brunhilde Rossi weiß, wovon sie spricht, sie sieht und spürt es in unseren Augen, an unserer Ruhe, an unserer unaufgeregten Zufriedenheit.

    „Lead us to a place, Guide us with your grace, To a place where we’ll be safe – Führe uns an einen Ort, führe uns mit deiner Gnade, an einen Ort, an dem wir sicher sind.“ (The Prayer) “What a wonderful world” ganz am Schluss als Zugabe. Halma interpretiert Louis Armstrong. „I hear babies cry, I watch them grow…I see friends shaking hands, saying how do you do?……” Das Herz blüht auf und sinkt wieder in sich zusammen. 

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger. Johann.rogger@me.com

  • ..und schon ist alles vorbei

    Facebook Eintrag vom 14. November 2019, 14.52 Uhr, der Bürgermeister der Gemeinde Bruneck: „Morgen alle Schulen geschlossen.“ ich saß am Mac Book. Die Facebookseite der Schule in der Seitenliste griffbereit. Instagram auch. Die Notiz im digitalen Register platziert. Zu viel Schnee, fast kein Durchkommen.

    Die 1am war jetzt in ihrem 2. Jahr, also die 2am. Und dieses 2. Jahr brachte viele Überraschungen. Vieles kam zu den internen Schwierigkeiten im 1. Jahr dazu. Ihr kennt sie, ich kenne sie. So als hätten junge Leute nicht schon genug am Hals. 

    Das mit dem vielen Schnee ging vorbei. Was aber 2020 begann, schien sich festgebissen zu haben. Für lange Zeit. Es war nicht mehr in unserer Lebensroutine inbegriffen. Am Anfang noch willkommene Abwechslung, aber bald schon war es diese nicht mehr.

    Aber das ist eine andere Geschichte. Und doch ist diese 1am, 2am und bis herauf zur letzten „am“ Teil dieser besonderen Geschichte. So kamen oft solche Fragen über WhatsApp: „Guten Morgen Herr Direktor! Ich hätte eine Frage, Alle meine Schulunterlagen sind noch in der Schule, und sie wären auch zuhause sehr hilfreich… Darf ich nach Bruneck fahren und in der Schule meine Unterlagen holen? Danke und alles Gute
    Lea Marie Steinwandter (2aM), 5.Mai 2020, 10.14 Uhr

    Damian Salzburger am 8. April, 2020, 16.48 Uhr, guten Tag Herr Direktor, ich habe von Teams mein Passwort vergessen. Einen Tag später, am 9. April 2020, 9.32 Uhr, hallo, ich habe das neue Passwort bekommen und gespeichert, danke.

    Die Klassensprecherin am 1.April, 2020, 20.53 Uhr: Guten Abend Herr Direktor! Wir die Klasse 2aM, wollten uns bei Ihnen melden um Ihnen unsere etwas kritische Situation zu schildern. Wir sind momentan sehr überfordert mit der Situation und den ganzen Aufgaben. Natürlich sind wir uns bewusst, dass dies eine Ausnahmesituation ist und dass dies für alle schwierig ist. Jedoch verlieren wir allmählich den Überblick. Das eigentliche Problem sind nicht nur die vielen Aufgaben, denn diese können wir irgendwie schon meistern. Doch mittlerweile erhalten wir Aufgaben über das Digitale Register, Google Classroom, Microsoft Teams oder Whatsapp Gruppen, und so kennen wir uns teilweise nicht mehr richtig aus und manchmal kommt es vor, dass wir Aufgaben übersehen. Wir versuchen unser Bestes, aber tun uns im Moment ziemlich schwer damit…..“

    13.27 Uhr am 24. Mai 2020, Caterina Declara: Guten Tag Herr Direktor, ich habe heute Nachmittag eine Schularbeit in Religion. Ich möchte die Schularbeit am Computer machen, damit es einfacher und unkomplizieter ist und nicht wie bisher am Handy. Mit dem Account, welchen ich im Februar bekommen habe, kann ich mich leider nur mit dem Handy einloggen. Könnten sie mir weiterhelfen? Danke! Um 15.17 Uhr schreibt sie: jetzt hat es geklappt.

    Und so ging es viele Male weiter. Morgens, vormittags, nachmittags, abends und, etwas weniger häufig, aber doch auch gelegentlich – des Nachts. Eine ganz neue Erfahrung, die gut tat.

    2019 war das Jahr mit „my melody“ Wettbewerbssieger! Ein Video, eine Eigenkomposition. „Etwas Kraftvolles“, stellte die Raika fest. Ich war, wie bei all diesen Meldungen, freudig berührt. Noch mehr überrascht hat mich die künstlerische Interpretation, die Klarheit in der Bild- und Textgestaltung und das Konzept dieser Melodie. „Kommt, erzählt mir eure Geschichte“, hat es geheißen und sie haben sie erzählt, so wie man ein Gedicht erzählt. Sie waren mitten drin, sie selbst als Teil ihrer Melodie. Erstaunlicherweise war das die Klasse immer – mitten drin. 

    Sehr vieles hat die Klasse angetrieben. Die Bühne war ein wichtiger Teil davon. Angetrieben vom Wunsch, der Schule mehr als gute Noten abzuringen. „In this Heart“ bis „thou of Lord“ und dazwischen „meine Deutschlehrerin“. Dann noch your melody“, „fiore di maggio“ und vieles mehr. Das war der Schlussakkord. Für kurze Zeit ließ mich vergessen, was wenige Tausend Kilometer von uns entfernt der kriegswütende Russe angerichtet hat und immer noch anrichtet.

    Es ist unschwer auszumachen, was diese 21 bewogen haben könnte, diese Liebeserklärung an ihre Deutschlehrerin zu erzählen. Noch viel unmittelbarer, als es die Melodie ohnehin schon war. Angetrieben auch vielleicht von der Lust am Fabulieren, gespickt mit Gedanken, Anektoden, und Pointen. Eure Deutschlehrerin, die ihre Lebensschule, wie sie selber sagt, auch im „Café am Rande……“, ihr wisst schon was ich meine, gefunden hat. 

    16mal waren es keine dunkelgrauen Lieder. „Tu che sei nata dove c’è sempre il sole…….e quel sole c’è l’hai dentro al cuore…” Und ich stelle mir vor, wie schrecklich es sein muss, gewaltsam nicht geboren werden zu dürfen, im Krieg nicht weit von uns entfernt.

    Es hat gut getan, euch zuzusehen und aufmerksam zu lauschen. Viele wichtige Dinge huschten da nicht einfach an mir vorbei. Kleine Dinge, scheinbar unscheinbare Dinge und doch ein Stückchen von dem, was die 21 antreibt.

    Rogger Johann Georg (Hansjörg), April 2023. Korrekturgelesen: ChatGPT / Abschiedserinnerungen des Schuldirektors Rogger

  • …..und nichts ist geschehen

    Kirche hat Frauen verbrannt – ist sie jemals dafür zur Verantwortung gerufen worden? Aber auch Giordano Bruno hatten Inquisitoren um 1600 mitten in der Stadt des Papstes verbrannt. Hatte man die genussvoll zuschauenden Kleriker jemals geächtet? Hat man sie jemals als Mörder gebrandmarkt?

    Kirche hat gefoltert – sind die Folterer jemals vor Gericht gekommen?

    Kirche hat junge Buben missbraucht – wo sind die Missbraucher hingekommen?

    Kirche hat geschwiegen, wenn sie hätte reden müssen – wo haben sich die Schweiger versteckt?

    Frömmigkeit verhindert keine Kriege. Gerade jetzt in diesen tragischen Zeiten sieht man es wieder und immer wieder. Kirchen stehen nur da und reden und reden und reden – mit gefaltenen Händen. Mütter, Kinder, Väter sterben. Schlimmer noch sind die ganz Gerissenen, die im Namen Gottes hetzen und Aggressoren und Mörder mit Weihwasser besprengen. Das gab es alles schon viele und viele Male. Die Geschichte lehrt es uns. Kreuzzüge damals. Heute, wenige 1000 Km entfernt wird im Namen eines Russengottes gemordet. Und die anderen Götter schauen zu, wie ungeborene Babys im Bombenhagel verrecken. Und empören sich! Mehr aber auch nicht.

    „Die christliche Kirche treibt nicht nur die Gläubigen in die Gräben und segnet die Maschinen, die zum Mord bestimmt sind – sie heilt auch die Wunden, die der Mord geschlagen hat, und ist allemal dabei.“ Kurt Tucholsky hat das geschrieben.

    Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf sagt, nachdem er in die Vatikanarchive Einblick genommen hat, „dass der Papst intensiv über das Schicksal der Verfolgten und ermordeten jüdischen Menschen informiert war, und zwar nicht nur auf der großen politischen Ebene, sondern eben auf der ganz persönlichen Ebene, wo hunderte und tausende Bittschreiben ihn tatsächlich erreichten.“ Und Herr Wolf stellt die Frage, warum Pius XII den Holocaust nicht öffentlich verurteilt habe. „Warum hat er sich dem Protest der Alliierten gegen den Holocaust im Winter 1942 nicht angeschlossen?“

    Und sie haben nichts Besseres zu tun, als festzustellen, dass das Zölibat nichts aber schon gar nichts mit dem Priestermangel zu schaffen habe. Das sind die kirchlichen Prioritäten in Zeiten von Mord und Totschlag – wenige Kilometer von uns entfernt.

    Johann.rogger@me.com

  • Mein leben – Meine Kunst – Seiwald

    Die Kunst fasziniert, und nicht nur. Die Suche nach dem Stückchen Wahrheit, nach der Vision einer Welt, dessen Erinnerungen verloren zu gehen scheinen. Wild verwoben mit dem Forschergeist – erdverbunden. Und die Suche nach dem, was die Welt im Innersten zusammenhält. „Schau alle Wirkenskraft und Samen und tu nicht mehr in Worten kramen.“ Goethe fällt mir ein, während ich zuhöre und staune.

    Ich giere nach dem Entdecken dessen, was ich mir vorgestellt hatte, dass es so sein könnte. Die Werkstatt – ein sonnengewärmtes Paradies, der Traubenlaubengang – hinauf in den Garten. Der große Tisch in der Mitte, die vielen Stellagen und Nischen an der Seite. Buddha steht im Garten neben Sonnenblumen, Rebstöcken und Farngräsern. Die Fassade mit den vielen schräg montierten Fenstern – ungewöhnlich. Ein sonnendurchflutetes Haus, von unten bis hinauf zum First.

    Die Schatullen mit Pinseln, Sprühdosen, ein altes Telefon, Schraubstock, Klebebänder, Stifte, Bilder, Kartone über Kartone, Leinwände, Gitarre und eine Trommel – sie erinnern mich an das farbige Hören und die Visualisierung von Tönen in Farbe. Und am Boden die schwarze Pflanzenerde. 

    Positive, weltzugewandte Visionen einer Seele. Nicht intendiert, als er damit an der Leinwand begann. „Ich weiß nicht, was da draus wird, wenn ich male.“ sagt er. Da entstehen plötzlich Bäume, oder auch nicht, filigrane Muster, Farbschichten und Formen. Farben und Formen verbinden sich, lassen Deutungen vermuten, verwischen diese wieder und werden belanglos in ihrer Isolation und bedeutungsstark in ihrer Synergie. Interpretationen wären gekünstelt und aufgezwungen. Sie sind offen. Meine Gedanken aber entspringen meiner Welt, die mit der seinen kaum oder gar nicht vergleichbar sind. Sie interpretieren aus der eigenen Geschichte heraus, motiviert durch gute und schlechte Erfahrungen, durch die spitzen und weniger spitzen Punkte im Leben. Wie Keramikpits aufgedröselt auf einer Kette. Jedes Pit eine Geschichte, wiedererwacht und hineingetragen ins Bild. Ein Zurückerinnern, ein Gewahrwerden, ein Vergleichen, ein freudiges und weniger freudiges Nachdenken über sich selbst und die Welt. Es ist nicht meine Welt dort auf dem Bild. Es ist die seine. Wenn ich dabei verweile – schaue und nicht nur sehe – dann wird es ein bisschen auch die meine sein. „Ich male mir meine Welt“ sagte der deutsche Maler Gerhard Richter. Die Abstraktion lässt vieles offen. Wenn die Nichtgegenständlichkeit mit den Farben und Formen gefällt oder nicht gefällt, dann dominiert die Ästhetik, meine Ästhetik, mein Interesse an den Formen und Farben und mein Interesse hinter alledem. Ich spinne meine Wünsche, meine Ängste und Sorgen wie in einer Spirale nach oben, verweile, ziehe Vergleiche und finde mich in einer Katharsis wieder. 

    „Ich Male und arbeite nicht aus depressiven Verstimmungen heraus“, sagte er, und ich dachte an den Sternenstaub, Acryl auf Leinwand, Louis Seiwald 2022. Und dann „die Seele“ ein Seiwald Acryl 2015. Leinwand 120×120. 

    Ich stehe vor der „Seele“, denke nach. Und ich male mir meine eigene Seele – im Kopf – genährt durch das, was ich selber bin. Unten die feinen Fäden, Nervenstränge? Vielleicht? Herzschlag unserer Träume, Sehnsüchte, Vorlieben, Leidenschaften und Ängste. Konnex mit dem, was tief in uns drinnen sein mag und uns und unseren Weg entscheidend mitprägen wird. „Wenn Natur dich unterweist, dann geht die Seelenkraft dir auf.“, liest man bei Goethe. „Auf der untersten Sprosse der Leiter“ so Albert Camus „gewinnt der Himmel seinen ungeschmälerten Sinn, er ist eine köstliche Gnade. Sommernächte, unerforschte Geheimnisse, in denen Sterne aufsprühten.“ Und schon bin ich beim „Sternenstaub“. 

    „Glückselig also ist ein Leben, welches mit seiner Natur in Einklang steht.“ Seneca. Wenn man Seiwald zuhört, dann spürt man den Wunsch und das Streben nach einem solchen Einklang. Wenn man einen Blick in seine Werkstatt tut, dann drängen sich ebensolche Fragen auf. Da stehen nicht die Leitsätze an den Wänden geschrieben, sie liegen auf der Werkbank und am Boden. Sie stehen an den Staffeleien, hängen an den Wänden und liegen schön geordnet in den Schubläden. Und gleich beim Eintreten begegnet man den Planet Drums. Öfters schon in Ausstellungen entdeckt. Wenn Texte rund um den Planet kreisen, dann vielleicht als Performance gedacht, oder auch gedacht als der Planet, der ein Ordnungsriese unserer wertvollen Gedanken sein möchte. Ein schöner Platz dafür in der Kunstwerkstatt, neben Tontellern und Tontassen. Und neben dem Bild der Künstlerin Barbara. Auf einem dieser Drums, Zoderers Gedicht eingraviert: „Meine Nacht blutet nicht mehr………“ 

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger

  • Faschismus und Naivität

    Sollte tatsächlich der Faschismus in Italien wiederauferstehen, dann sind die Bürger*innen des Landes verantwortlich, die dafür in ihrer blinden Naivität und geschichtsvergessen ihre Stimmen zur Verfügung stellen.

    Möge doch noch die Vernunft in die Köpfe Einzug halten. 

    Wehret den Anfängen. Danach ist alles zu spät und wir driften ab – womöglich in die Unfreiheit. Beispiele gibt es zuhauf: Man schaue nach Ungarn und Polen. 

    Also bitte, tut die Augen auf, lest die Geschichtsbücher, schaut euch an, wie es den Menschen in Russland, China und Iran geht. 

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger

  • R.K. und das Ungewöhnliche

    Es war eine andere Zeit. Computer waren noch elitär, zu finden in den Wörterbüchern, zu hören aus den Staaten über dem Ozean. Es sei was Amerikanisches, hat man schon viel früher verkündet. Und ganz langsam waren sie zu sehen als Hi-Tec-Dinosaurier in improvisierten Räumen. Computerräume wurden sie genannt; die ersten Möbel gab es zu kaufen. Groß, schwer und sehr teuer. Eine neue Zeit schien sich anzukündigen. ISDN-Internet, damals eine Revolution. Die sozialen Online-Netzwerke gab es nicht. Noch völlig unbekannt. Das Internet hat fast gar nichts mehr mit dem zu tun, was es heute ist. Spannend allemal. Man wähnte sich in der Zukunft, aber los ging es erst richtig jetzt.

    Die 80er Jahre. In der Schule war man sehr konservativ unterwegs. Viel zu reaktionär, rückwärtsgewandt. Und doch gab es Lust nach dem Ungewöhnlichen. Und das Gefühl, dass es so wie es ist, nicht bleiben kann. Hat Bert Brecht mal gesagt. Und Richards Aufbruch war keine Stimmung, er hat es getan. „Das Neue steckt schon in uns drinnen, wir müssen nur den Blick nach innen richten, um es auch zu sehen.“ Sagt der Literat Hermann Winkler. „Innovation braucht Ruhe zur Besinnung, Freude am Schaffen und Raum zur Entfaltung.“

    Kreieren, create , creare – ausklügeln, entdecken, entwerfen, erdenken, erklügeln, gestalten, generieren, austüfteln. Die Theoriebücher füllten sich mit innovativer Didaktik.

    Es fühlt sich an, als gebe es da noch etwas hinter den schönen Theorien. Etwas Besonderes machen, erzeugt immer Erinnerung. Mainstream ist langweilig und sehr flüchtig. Schriftliche Kommunikation im Mainstream geht gerade aus, ist linear, wenig nachhaltig, nicht spannend, nur auf Technik fokussiert. Es gibt keine spitzen Punkte, die fürs Leben von Bedeutung sein werden. 

    Für das Leben von Bedeutung? Man weiß es. Aber man hält sich nicht dran. Man wagt es kaum, aus der Dressur herauszukommen. Dressur ist das Antibiotikum – gegen das Leben gerichtet. Das Ausklügeln, Gestalten, das neu Generieren ist das Probiotikum – für das Leben, die Spannung, für das Geheimnisvolle hinter den Dingen. „Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht?. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen.“ sagte 1952 Albert Einstein.

    Die Antiquiertheit des Unterrichts wurde ad acta gelegt – von Leuten wie R.K. – Assoziationen wurden gesucht. Je abstruser, umso effizienter; je verrückter umso nachhaltiger; je abgehobener, umso grandioser. Leidenschaft statt akademisch technisches Lehren. „Nüchtern besoffen sein.“ Der Wiener Schauspieler Otto Schenk hat das gesagt.

    Technisches Lehren fließt nicht. Es übt nur ein – sanktioniert und stresst. Automatisiertes Können ist gut, bleibt es aber isoliert, dann ist es zu wenig, zu abstrakt, ohne eine Wertebasis. Wenn aber technisches Lehren fließt, berührt, emotional assoziieren kann, dann gibt es Perspektive, Lust und Genugtuung. 

    R.Ks Intention: Die beiden Seiten der Münze sehen und deren Bedeutung generieren. Neu und alt; vorne stehen und nach hinten dozieren, dann aber den Spieß umdrehen – entdecken lassen.

    Der freundliche Begleiter – der Lehrer – die eine Seite der Münze. Die Autorität – die andere Seite. Die Synergie zu schaffen, das ist die Kunst.

    Es geht weit über das Sachziel hinaus. Musik, Film und das Neue, was sich am Horizont ankündigte – das alles kam dazu. Die Kombination ritzte Erinnerungsspuren ins Gedächtnis: Hausnachrichten, um ein Beispiel zu nennen. Abgeschafft mit dem Abgang von R.K. Alternativen sind nicht mehr nachgekommen. Es fehlt die Lust am Ungewöhnlichen. Assoziationsketten werden nicht mehr gesucht. Literatur und Musik war eine, Moderation im Nachrichtenstudio eine andere, Kreativer Umgang mit neuer und alter Technologie wieder eine andere. Die Fotokunst im Porträt eine weitere. Foto- und Videostudio die spitzen Punkte im Reigen des Ungewöhnlichen. „Alles was erlebt wird, hat Stempelgewalt“, sagt der 92jährige Wiener Schauspieler Otto Schenk. Das Erleben verhindert Flüchtigkeit und somit ein Abdriften in die Bedeutungs- und Wertlosigkeit.

    Nachdem das Digitale nach den 80ern Fahrt aufgenommen hat, schob sich auch der Film und der Filmschnitt in den Vordergrund. Eine Fundgrube für junge Leute, die den Perspektivwechsel von der analogen zur digitalen Welt mit offenen Armen begrüßten. 

    Der Ansporner ging synchron mit seinem Publikum. R.K. als Modell, Dozent, Handreichung für Gewohntes, Ungewohntes und Zukunftträchtiges. Der Dichter Jean Paul: „Was für die Zeit erzogen wird, das wird schlechter als die Zeit.“ Soll wohl heißen, dass gute Bildung immer „einen geistigen Überschuss, eine kleine utopische Verheißung“ enthalten muss. (In: „Die Welt“ 2018) 

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger / zur Pensionierung des IT Lehrers Richard Kammerer / September 2022

  • Silvia

    Viel zu früh – und wie immer viel zu spät, um das zu sagen, was man immer schon sagen wollte. Hinausgeschoben und hinausgeschoben und wieder hinausgeschoben. Bis es zu spät war. 

    „3473054201“ ist jetzt Geschichte. Es antwortet niemand mehr. Stille, nur noch Stille. “just keep it simple!!!❤”* So steht es noch in den Kontakten. Nimm es einfach nur einfach. 

    **Die Blumen sind zart, sie stehen eng beieinander und ihre Büten sind so dicht, dass man nicht dahinterschauen kann. Es riecht nach frischen Frühlingsblumen. Der blaue Vogel – Erinnerung an die blaue Blume? Die Farbe blau – an Ruhe, an die Weite, an den Schutz, an den Frieden? Die schwarze Frau – Impuls für die Weite des Lebens, für die Welt da draußen, für das Ungewohnte, für das Unvoreingenommene. Das hochgesteckte Haar, wie das von Amanda Gorman: “when day comes, we ask ourselves: where can we find light……”*** Und dann die Blumen und Schmetterlinge im aufgesteckt drapierten Haar – bunt, lebendig. Und man hört es, das Zwitschern, Summen, Säuseln, Rascheln. „….For there I always light, if only we’re brave enough to see it, if only we’re brave enough to be it.”***

    Eintauchen in die Welt der Farben, der Blumen, der Schmetterlinge, der Vögel. Eins werden. Im Denken und Grübeln verhaftet. „Doch wie bei den Schmetterlingen ist es auch bei den Gedanken: Sie existieren nicht nur, sondern sie entwickeln sich, treten in Beziehung zu anderen Gedanken und haben Auswirkungen…“ (Paul K. Feyerabend)**** 

    **Die Raupe, die weiße Zaunwinde, die Rose, die drei Schmetterlinge, der Vogel, die Sommerblumenwiese. 

    Alle lernen voneinander, passen sich an, verändern sich, und „lernen das Lernen lernen“(Silvia,B.)***** Die Sommerwiese macht’s vor. Sanft, in sich gebettet, interaktiv und friedlich – im hochgesteckten Haar. Danach ist Schweigen. 

    Johann Georg (Hansjörg) Rogger: Ein Nachruf auf Silvia Brugger – Lehrerin, viel zu früh von uns gegangen.

    *Silvia Brugger, Netzprofil, 2022. **Silvia Brugger, Profilfotografie, 2022, ***Amanda Gorman, 2021. ****Feyerabend in „Little Monkey“ H.Winkler *****Silvia Brugger, mit Fachgruppe HW